Das Wunder Baum

Hier findest Du einige spannende Funfacts, die die Komplexität eines Baumes und gleichzeitig seine geniale Einfachheit darstellen

Ein Baum ist ein Lebewesen. Aber wieso hat er keine Organe?

Hören wir das Wort „Lebewesen“, denken wir zuerst an Tiere. Majestätische Raubkatzen, anmutige Wale oder vielleicht auch nur kleine, süße Eichhörnchen, die eine Nuss knabbern. Auch Bäume sind Lebewesen und benötigen – wie die Tiere – Nährstoffe zum Leben. Sie nehmen mit den Wurzeln Wasser und Nährstoffe auf und transportieren sie zu den Blättern, wo mit Hilfe von Licht durch die Photosynthese Zucker gebildet wird, usw.

Das hatten wir alle im Biologieunterricht. Aber warum verfolgen Bäume eine solche Strategie und bilden keine Organe wie Herz und Lunge, ähnlich der Tiere? Nun ja, die Antwort ist so simpel wie genial. Bäume stehen an Ort und Stelle. Dort wo der Samen sprießt, bleiben sie ihr ganzes Leben lang stehen. Sie können also vor Fressfeinden nicht davonlaufen. Es wäre schon doof, wenn ein Reh an den tiefhängenden Blättern knabbert und ausversehen einen Teil der Lunge erwischt. Also schützen die Bäume sich dadurch, dass sie die Energiegewinnung und -speicherung im gesamten Organismus verteilen. Geht ein Teil durch Abfressen oder Sturm verloren, übernimmt der andere Teil die Aufgaben mit und es werden im Laufe der Zeit neue Äste und Blätter gebildet.

Bäume wachsen nicht unendlich hoch… aber warum?

Eine Tatsache, die allen klar ist, aber kaum jemand weiß warum: Bäume haben eine begrenzte Höhe. Obstbäume wachsen nur einige Meter, Eichen schaffen 30 bis 35m und Mammutbäume werden sogar bis 100m hoch. Wieso hören sie irgendwann auf in die Höhe zu wachsen? Denn wie wir alle wissen, hören Bäume keinesfalls auf generell zu wachsen. Jedes Jahr kommt ein Jahresring dazu und der Stamm wird wieder etwas dicker.

Zum einen ist die Größe des Baumes abhängig von seinem Alter und von dem Platz, der ihm zur Verfügung steht. Aber auch ein Baum, der alleine steht und mehrere Hundert Jahre alt ist, hat eine maximale Höhe. Die Antwort ist wieder einmal so simpel wie genial: Die Höhe ist durch die Erdanziehung begrenzt.

Stark vereinfacht ausgedrückt bestehen Bäume aus Zellulose, was zu den Zellen ausgebildet wird, die wie Strohhalme aufgebaut sind (nur deutlich dünner und länger), und Lignin, der Klebstoff, der die Zellen zusammenhält. Durch die Kapillarwirkung und das Verdunsten des Wassers in den Blättern wird das Wasser aus den Wurzeln in die Krone gesogen. Irgendwann ist jedoch ein Punkt erreicht, an dem das Wasser durch die Erdanziehung stärker nach unten als nach oben gezogen wird. So könnte der Baum noch höher liegende Äste nicht mehr versorgen und er hört auf, in die Höhe zu wachsen.

Der Wurzelballen – ein Wunder der Statik

Ein Baum wächst dort, wo der Samen hinfällt. Er ist immobil und bleibt sein Leben lang am gleichen Ort. Das heißt auch: er ist den Witterungen schonungslos ausgesetzt. Bei Schnee, Sturm, Hagel, Regen oder Gewitter kann er sich kein trockenes, geschütztes Plätzchen suchen, wie die Tiere. Das kann gerade bei starkem Wind ein Problem werden, denn durch die Baumkrone mit all den Ästen und Blättern wirken enorme Kräfte auf den Baum. Hinzu kommt die Kraft des Hebels: Je größer der Baum ist, desto länger ist der Weg zwischen den Wurzeln, die ihm Halt geben, und den Ästen, die den Windkräften ausgesetzt sind. Die Kräfte, die die Wurzeln abfangen müssen, sind also noch um ein vielfaches größer. Der Stamm und der Wurzelballen halten jedoch stand.

Jetzt erinnere Dich an den letzten großen Sturm. Wenn man vor die Tür gegangen bist, ist man ins Straucheln geraten, andere sind sogar gestürzt – wir kleinen Menschen, die quasi keine Angriffsfläche für den Wind bieten. Stell Dir nun vor, du wärst etwa 15 mal so groß und stehst nur auf einem Bein. Wie beeindruckend, dass die meisten Bäume ohne Schäden solche Stürme überstehen. Schuld ist der Wurzelballen, der sich mit tausenden kleinen und großen Wurzeln tief im Boden verankert – ein Wunder der Statik. Und richtig in Szene gesetzt ist er ein optisches Meisterwerk, das leider allzu oft sein Dasein unbeachtet im Dunkeln fristet, obwohl er an Einzigartigkeit in Form und Maserung nicht zu übertreffen ist.

Kern- und Splintholz: das Lager und die Autobahn

Der Stamm eines Baumes ist von außen nach innen wie folgt aufgebaut: Außen sitzt die Borke, die den Baum vor Schädlingen und Verletzungen schützt. Dann folgt die Kambiumschicht, die für das Wachstum des Baumes verantwortlich ist. Innen liegt dann das eigentliche Holz. Dies besteht im äußeren Bereich aus dem sogenannten Splintholz und im Inneren sitzt das Kernholz.

Der Splint ist vorrangig für den Transport des Wassers und der Nährstoffe zwischen Blättern und Wurzeln verantwortlich. Im Kernholz werden Nährstoffe eingelagert. Außerdem gibt das Kernholz dem Baum die nötige Stabilität. Bei vielen Hölzern ist daher das Kernholz härter und durch die eingelagerten Nährstoffe dunkler. Der Splint ist heller, weicher und anfälliger gegen Schädlinge. Bei Eichen kann man den Unterschied deutlich erkennen.

Reaktionsholz

Damit Äste nicht abbrechen oder Bäume, die am Hang stehen, nicht einfach umfallen, bilden Bäume sogenanntes Reaktionsholz aus. Holz besteht, wie erwähnt, aus Zellulose (den Zellen) und Lignin (dem Klebstoff). Um sich selbst zu stabilisieren, bilden Nadelhölzer an der Unterseite des Astes mehr Lignin und drücken so den Ast nach oben. Das Holz ist an dieser Stelle deutlich dunkler. Laubbäume reagieren genau entgegengesetzt und bilden an der Oberseite mehr Zellulose aus. Dadurch ziehen sie den Ast nach oben. Das Holz ist dort heller.

Bäume arbeiten im Team

Nicht nur, dass sich Bäume im Wald bei Sturm gegenseitig stützen. Bäume kommunizieren auch über Botenstoffe in der Luft. Wenn der Eichenprozessionsspinner, der Borkenkäfer oder ein anderer Schädling sein Unwesen treibt, sendet der betroffene Baum einen Alarm an seine Nachbarn aus. Die anderen Bäume können so frühzeitig ihre Harzproduktion hochfahren und sich besser gegen Schädlinge schützen.

Elternliebe – auch bei Bäumen

Wächst ein Setzling nahe bei seinem „Eltern-Baum“ auf, so verschlingen sich die Wurzeln miteinander und die Eltern füttern ihr Kind, indem sie über die Wurzeln Nährstoffe zum Setzling leiten. Dadurch kann er schneller wachsen und sich so besser vor Fressfeinden schützen (Hirsche lieben kleine frische Setzlinge) und hat auch einen Vorteil gegenüber den anderen Setzlingen, denn er ist näher am Licht und kann somit mehr Photosynthese betreiben und wiederum mehr Energie für das Wachstum gewinnen.

Ihre Freunde die Pilze

Im Waldboden gibt es noch eine weitere geheime Kooperation… im verschlungenen Geflecht aus Pilzen und den Wurzeln der Pflanzen. Diese beiden Gattungen sind keinesfalls Gegner, wie man vermuten könnte. Es sind vielmehr Freunde. Pilze und Bäume tauschen gegenseitig lebenswichtige Nährstoffe aus und unterstützen sich so untereinander. Durch diese Verbindungen können so riesige Netzwerke über ganze Waldflächen entstehen. Wir müssen gar nicht nach Pandora reisen, um die Schönheit der Natur und das Unvorstellbare zu bewundern. Ein kleiner Spaziergang mit offenen Augen durch den nächsten Wald reicht vollkommen aus, um in eine andere Welt zu tauchen.